Predigt am Sonntag Jubilate (17.4.16 j.kohtz)

Predigttext: 1 Johannes 5,1-4
1 Wer glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist von Gott geboren; und wer den liebt, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der von ihm geboren ist. 2 Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. 3 Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer. 4 Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Liebe Gemeinde,
Das Thema dieser Predigt ist die Frage nach unseren Prägungen. Was prägt uns, wer prägt uns und warum sind wir, wie wir sind. Was sind unsere Vorlieben.
Bei diesem Thema fallen uns natürlich schnell die Gene ein; sie haben großen Einfluss darauf, wie und wer wir sind. Ob wir männlich oder weiblich werden, welche Augenfarbe und Haarfarbe wir haben werden – das und vieles mehr wird in den Genen vorherbestimmt. Nun, bei der Haarfarbe läßt sich die Forschung was einfallen und bald werden wir solche und andere Eigenschaften bewußt steuern und auch ändern können.
Ich habe gelernt – sogar unsere Lebenszeit wird genetisch geprägt. Klar, wir können uns gesund ernähren und uns viel bewegen, das alles mag uns fit halten, aber wie alt wir werden, hat auch mitt der genetischen Prägung zu tun. Unsere Lebenszeit spult sich gewissermaßen ab und einmal ist dann Schluss. Der stete Erneuerungsprozeß ist beendet.

Was unser Christsein betrifft, da hat das Evangelium des Sonntags schon interessante Aussagen getroffen im Bild vom Weinstock und den Reben.
Auch hier können wir von Prägung sprechen. Wir sind durch Christus geprägt. Er ist der Weinstock, wir die Reben. Jeder Winzer weiß – die Eigenschaften des Weines hängen eng mit dem Weinstock zusammen. Wie der Wein wird, dazu tragen zwar auch Sonne, Regen und Boden bei, aber die Grundeigenschaften sind schon vorgeprägt. Als Christen sind und werden wir also durch Christus geprägt.
Der Apostel Paulus drückt das im 2.Brief an die Korinther (2.Kor.5,17) so aus: „Ist jemand in Christus, dann ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ Das ist der Wochenspruch für die neue Woche.
Wir werden also durch Christus neu geprägt.
Ich habe einen interessanten Beitrag gefunden zum Thema der Prägungen und Vorlieben. Aus ihm geht hervor, dass auch unsere Entscheidungen unsere Vorlieben prägen.
Ich will daraus zitieren:
„Mehr als 50 Jahre ist es nun her, dass der US-Psychologe Leon Festinger die Theorie der kognitiven Dissonanz postulierte – doch seine wissenschaftlichen Nachfahren diskutieren die Erkenntnis noch heute.Hinter der Dissonanz verbirgt sich ein unangenehmes Gefühl, das immer dann auftritt, wenn in unserem Kopf verschiedene Absichten, Wünsche oder Gedanken aufeinanderprallen. Und dieses Gefühl wollen wir so schnell wie möglich los werden.Ein simples Beispiel: Angenommen, wir müssen zwischen zwei Alternativen wählen, sagen wir Urlaub am Strand oder in den Bergen. Nehmen wir weiter an, wir entscheiden uns für den Strand. Nun wäre es sinnlos, sich weiter mit dem Urlaub in den Bergen zu beschäftigen – selbst wenn der vielleicht auch schön wäre. Doch wir haben uns nun mal für den Strand entschieden. Und dadurch schätzen wir den nun höher ein als die Berge – obwohl es dafür objektiv keinen Grund gibt. Die Entscheidung hat unsere Vorlieben geprägt.
Diese Erkenntnis gilt längst nicht nur für Reisepläne, sondern in vielen verschiedenen Bereichen. Immer wenn wir eine Wahl treffen, sei sie beruflicher oder privater Natur, finden wir diese Wahl hinterher umso besser und die abgelehnte Alternative weniger reizvoll. Einfach deshalb, weil wir der Dissonanz aus dem Weg gehen wollen – und uns deshalb sogar Fehler schönreden.
Mehr noch: Diese Entscheidungen wirken sich sogar noch Jahre später aus. So lautet zumindest das Fazit einer neuen Studie der britischen Neurowissenschaftlerin Tali Sharot vom University College in London.
Das Experiment verlief in drei Schritten. Zunächst sollten 39 Probanden im Alter zwischen 19 und 35 eine Liste mit 80 Reisezielen nach ihrer Attraktivität bewerten. Nun durfte die eine Hälfte der Freiwilligen sich zwischen zwei Urlaubsalternativen entscheiden. Der anderen Hälfte wurde diese Entscheidung von einem Computer abgenommen. Zuletzt sollten beide Gruppen die Ziele wieder nach ihrer Attraktivität bewerten.
Wenig überraschend: Wer die Ziele selbst hatte auswählen dürfen, bewertete just diese nun höher als vorher – ein typisches Beispiel für die Wirkung kognitiver Dissonanz. Das eigentlich Erstaunliche beobachtete Sharot drei Jahre später.
Da kontaktierte sie die Teilnehmer erneut und fragte wieder nach ihren Reisepräferenzen. Und siehe da: Die Wahl für das eine und gegen das andere Urlaubsziel wirkte immer noch nach. Wer sich aus freien Stücken für ein Land entschieden hatte, fand es jetzt immer noch reizvoller.
Offenbar wirken sich Entscheidungen also nicht nur unmittelbar danach auf unsere Vorlieben aus – sondern prägen uns auch noch Jahre später.“ (gefunden in: http://www.alltagsforschung.de/entscheidungen-pragen-unsere-vorlieben/ )

Ich kann das auch bestätigen. Irgendwann haben meine Frau und ich schätzen gelernt, unseren Urlaub mit dem Fahrrad zu unternehmen. Das macht uns bis heute Spass und wir würden diese Urlaubsart bisher immer anderen vorziehen.
Wir alle haben unsere Vorlieben. In der Freizeitgestaltung, im Alltag – der eine ist mehr praktisch unterwegs, ein anderer liest oder fröhnt mehr geistigen Unternehmungen. Und auch im Umgang mit anderen Menschen gibt es eine Menge Prägungen, die unser Verhalten bestimmen.
Der sehr intensive Text des Briefeschreibers des 1. Jophannesbriefes weist uns auf eine besodere Prägung hin: Über alle persönlichen Prägungen und Vorlieben hinaus werden wir vom Glauben an Christus bestimmt. Unsere Prägung erweist sich darin, dass wir Gott lieben Und zwar nicht nur allgemein theoretisch sondern ganz praktisch: Wir halten seine Gebote. Vielleicht hat der Prediger damals gemerkt, dass die Zuhörer ihn leicht erschrocken anschauten… Jedenfalls setzt er fast beschwichtigend hinzu: „..und seine Gebote sind nicht schwer.“
Das scheint auch logisch: Was wir gern machen, wo unsere Vorlieben liegen, das fällt uns ja leicht. Wenn meine Frau und ich radeln, machen wir das ja gern und empfinden es nicht als Last oder Zumutung.
Gotts Gebote halten – das setzt eine bewußte Entscheidung voraus. Eine Entscheidung, die wir zu treffen haben.
Der folgende Satz ist bei mir im Bibeltext fett gedruckt hervorgehoben: „..und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ Ich hab mich gefragt, wieso ist dieser besonders hervor gehoben. Nun, ich denke mir, bei allen Vorlieben und Prägungen haben wir es ja mit ganz unterschiedlichen Situationen zu tun. Manche fordern uns heraus, manche machen uns Sorgen, manche empfinden wir als Zumutung…Aber wir haben uns damit auseinander zu setzen. Und so fühlen wir uns manchmal super, ein andermal mag die Situation uns wie eine Prüfung vorkommen. Aber – so der Briefeschreiber – seid zuversichtlich! – unser Glaube ist der Sieg, der das alles überwindet.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Gedanken in Christus Jesus, unserem Herrn. AMEN